Ein Kind ist kein Kind

Eines möchte ich hier vorweg nehmen: ICH LIEBE MEINE KINDER ÜBER ALLES!

Aber ich liebe auch den SV Werder Bremen und trotzdem stehe ich manchmal in der Ostkurve des Weserstadions und habe das Gefühl, ich muss gleich auf den Platz stürmen und den Jungs mal ein paar hinter die Löffel geben, damit die wieder in der Spur laufen.

Seit dem 31.12.2014 sind wir stolze Eltern von jetzt zwei Töchtern. Das ist schön! Wirklich schön. Also so richtig wirklich schön! Ne wirklich, dass ist so richtig, richtig, richtig schön. Man muss sich das nur immer wieder sagen und vor Augen führen, denn ansonsten möchte man sich einfach manchmal nackt ausziehen und schreiend durch den Ort laufen. Dabei sind die Vorteile sind nicht von der Hand zu weisen:

 

  • Perfektes Schlafmanaegement (schlafe solange du kannst, denn es wird nicht lange sein)
  • Aufbau des Immunsystems (nach dem dritten Kinderarztbesuch dürfte man alle Viren und Bakterien dieser Welt vereinnahmt haben)
  • Keine Zeit für sich selber (da kommt man dann auch nicht auf dumme Gedanken)
  • Leichte Zunahme des Körpergewichts, weil man kein Sport mehr macht (man muss ja auch was zuzusetzen haben, wenn man doch mal krank wird)
  • Wenig Zeit für die Beziehung (da nutzt die sich auch nicht so schnell ab)
  • Keine Zeit mehr für Stadionbesuche (aber Bundesliga ist ja eh langweilig geworden)
  • Nur noch seltene Besäufnisse mit den Kumpels (das spart Geld und schont die Gesundheit)

Eigentlich gibt es aber wirklich nichts schöneres, als Abends von der Arbeit nach Hause zu kommen und die große Tochter kommt einem, vor Freude strahlend, entgegengelaufen um einem in den Arm zu springen. Wenn dann die kleine Tochter auch gerade satt und sauber vor sich hinbrabbelt und vielleicht vor Aufregung ein Fürzchen lässt,  ist dann alles andere um einen herum egal, denn alleine dafür lohnen sich die Strapazen. Es kann nämlich auch ganz anders zugehen bei uns zu Hause.

 

Nehmen wir den letzten Sonntag. Meine Frau macht sich auf die Socken um im Nahkampf auf dem Kinderflohmarkt unter Einsatz Ihres Lebens Kleidung für unsere Zwerge zu erwerben. Vati bleibt mit den beiden Mäuschen zu Hause und startet mal gleich den Versuch mit beiden nach draußen zu gehen. Kann ja so schwer nicht sein!

 

Also, was zu erst? Erst die Kleine in Ihren Michelin Anzug boxen und in den Kinderwagen legen oder erst die Große versorgen. Ich entscheide mich für letzteres. Gut, die große ist soweit. Nun die Kleine … ah, gerade fällt der Großen aber noch ein, sie muss noch mal aufs Klo. Weiß man ja auch vorher nicht. Auch nicht, wenn Papa vorher noch dreimal gefragt hat. Also den Zwerg wieder abgelegt und bei der großen die Jacke wieder aus. Fertig! Jetzt aber weiter im Text. Verdammt, Kinder mögen wohl nicht gerne in so einen Michelin Anzug. Auf jeden Fall ist Geschrei ohne Ende angesagt aber das halte ich aus, denn die große hüpft ja munter um mich herum. Leider etwas zu munter, denn prompt läuft sie mit Ihrem Kopf gegen die Treppenstufen und schreit wie am Spieß. Jetzt nur nicht die Nerven verlieren. 10 Minuten später, eine Beule weiter und mit Schnuller im Mund sind wir draußen. Alles ist gut! Aber auch nur solange bis mir auffällt, dass ich in der Hektik die wichtigsten Dinge vergessen habe. Wir haben nichts zu trinken dabei, keine Pampers und auch sonst nichts. Keine Panik, wir werden überleben. Ganz sicher! Und siehe da, wir haben großen Spaß draußen ;-)

 

So laufen die Tage bei uns eigentlich in der Regel ab. Das wertvollste Gut seit dem wir zu viert sind? Zeit für sich selbst! Aus diesem Grund stehe ich mittlerweile sogar am Wochenende um halb sieben auf. Denn wenn die ganze Bagage noch den Schlaf der gerechten schläft (natürlich alle gemeinsam in unserem Bett) ist einfach noch Zeit einmal in Ruhe einen Kaffee zu genießen und die Zeitung durchzublättern, bevor der Sturm wieder über einen hereinbricht. Laufen gehen oder andere sportliche Aktivitäten bedürfen schon sehr, sehr viel Selbstdisziplin, denn diese müssten dann abends ab 20:00 Uhr durchgeführt werden. Bei der jetzigen Jahreszeit doppelt hart und deswegen findet Sport kaum statt. Wer mich kennt, weiß, dass das nicht gut für mich und mein Umfeld ist.

 

Abgesehen davon ist der Job als Vater nicht ganz ungefährlich. Geht ihr mal nachts um 1:00 Uhr auf Schlangenjagd im Kinderzimmer oder verscheucht die Krokodile vom Flur. Das ist nicht ohne und endet meistens darin, dass wir einen Gast in unserer Besucherritze liegen haben, weil dieser davon ausgeht, dass über die Nacht verteilt auch noch angriffslustige Eulen vorbeikommen ;-)

 

Als WIR schwanger waren mit dem zweiten Kind und von vorneherein großen Respekt hatten vor dieser Aufgabe, sagten in unserem Umfeld immer alle: Och, das zweite Kind läuft so mit! Jetzt, wo es soweit ist, kommen alle mit der Wahrheit raus und es fallen Sätze wie: „Das erste Jahr mit zwei Kindern war echt scheiße“, oder eben der Satz: „Ja, ja, ein Kind ist kein Kind.“ 

 

Aber wenn wir ehrlich sind, auch wenn uns jemand die größten Horrorgeschichten erzählt hätte, hätte das unsere Entscheidung nicht beeinflusst, denn abends alle gemeinsam am Tisch zu sitzen und sich dem Kommunikationsschwall einer zwei jährigen auszusetzen, die mittendrin auch gerne mal ein Lied anstimmt (wobei sie bei der Choreographie dazu zeitgleich Ihren Kakao über den Tisch kippt), ist einfach sensationell. Dem kurzen Geschrei beim Versuch sich dem Zähneputzen zu entziehen folgt dann in der Regel eine große Kuschelorgie beim Geschichte vorlesen. Schnell noch zwei Lieder zum einschlafen (eines davon ist IMMMER Lebenslang grün-weiß. Weil sie es so will und ich mich dann freue) und schwuppdiwupp … eingeschlafen.  Zwerg 2 ist derweil beim stillen an Muttis Brust eingeschlafen. Nur das Mutti davon nichts mitbekommen hat, denn die ist mittlerweile auch wieder im Land der Träume angekommen.

 

Ich gebe zu, manchmal fällt es schwer gewisse Dinge zu genießen und wenn mir jetzt irgendwelche Übereltern kommen und das Gegenteil behaupten, dann kann ich die nicht ganz für voll nehmen. Aber trotz des Stresses und der Unausgeglichenheit ist es am Ende wie mit der Bundeswehrzeit: Man erinnert sich nur an die schönen Dinge. Geschickt eingefädelt von der Natur, die keinen Racker so süß zu machen und die schlechten Seiten in den Bereich der Erwachsenengehirne zu packen, den man wohl als Kurz-Kurzzeitgedächtnis beschreiben kann, denn ansonsten würden wir aussterben.

 

Ich würde alles wieder so machen, freue mich aber auch auf die Zeit, wo ein wenig Selbständigkeit ins Leben zurückkehrt. Also so in 20 Jahren.

 

Es ist also mal wieder völlig SINNFREI jetzt schon davon zu träumen.

 

In diesem Sinne

Sven

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Kommentare: 1
  • #1

    Lutz (Mittwoch, 24 April 2019 10:21)

    Genauso ist es.

    Liebe Grüße aus Leer

    Lutz mit seinen drei Mädels (42, 5, 1) ;-)